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Umwelt und Artenvielfalt

Giftpflanzen

Viele Pflanzen sind mehr oder weniger giftig. Im Natur-Erlebnis-Raum verzichten wir auf besonders gefährliche Giftpflanzen. Einige giftige Pflanzen, die bei Verzehr Bauchschmerzen und Erbrechen verursachen können, sind aber bei uns (wie in fast jedem Garten) vorhanden. Daher sollten sich Kleinkinder nicht unbeaufsichtigt im Natur-Erlebnis-Raum aufhalten.


Falls doch einmal der Verdacht auf eine Vergiftung bestehen sollte, kontaktieren Sie die Vergiftungs-Informations-Zentrale Freiburg unter Telefon 0761-19240 oder eine andere Giftnotrufzentrale.

Besonders gefährliche Giftpflanzen wie die hier abgebildete Engelstrompete gibt es im Natur-Erlebnis-Raum nicht, aber in vielen Privatgärten.
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Warum sind viele Pflanzen giftig?

Pflanzen versuchen auf verschiedenen Wegen sich davor zu schützen, von Tieren gefressen zu werden:

* mechanisch, z. B. mit Dornen oder Stacheln

* chemisch durch die Bildung von Giftstoffen

* kombiniert mechanisch und chemisch, z. B. mit Brennhaaren wie bei der Brennnessel


Pflanzliche Giftstoffe können für Tiere auch tödlich sein, meist erfüllen aber auch vorübergehende unangenehme Vergiftungssymptome ihren Zweck. Neben der Abwehr von Tieren können Giftstoffe auch gegen parasitische Pilze oder gegen konkurrierende Pflanzen (1) wirken.



Selektive Giftigkeit

Viele Singvögel können sich von Früchten ernähren, die für Menschen und andere Säugetiere stark giftig sind. So werden die Früchte der Schwarzen Tollkirsche von Sperlingen und Staren gefressen, die des Echten Seidelbast von Rotkehlchen und Bachstelzen; Amseln vertragen beide Früchte problemlos. Für die Pflanzen kann es einen Vorteil darstellen, wenn dadurch die Samen über größere Strecken verbreitet werden und Flüsse keine Barriere darstellen.


Umgekehrt sind einige für Menschen unproblematische Nahrungsmittel für Hunde giftig. So können bei Hunden tödliche Vergiftungen durch Schokolade (aufgrund von Theobromin und Koffein) und Weintrauben bzw. Rosinen (aufgrund von Weinsäure) auftreten. Diese Nahrungsmittel wären auch für Katzen giftig, Katzen interessieren sich aber im Gegensatz zu Hunden in der Regel nicht für Süßes.

Weintrauben: Für Menschen ungiftig, für Hunde gefährlich giftig.
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Manche Insekten haben sich auf den Verzehr bestimmter Giftpflanzen spezialisiert. Das kann mehrere Vorteile haben:

* eine Pflanze, die für die meisten anderen Tiere giftig ist, ist ohne großen Konkurrenzdruck verfügbar

* das Risiko, versehentlich von einem Pflanzenfresser (z. B. Rind) mitgefressen zu werden, ist auf Giftpflanzen geringer

* manche Insekten sind in der Lage, die Pflanzengifte in ihrem Körper einzulagern und damit selbst für Fressfeinde giftig zu werden, das nennt man dann Pharmakophagie.



Giftigkeit und Gefährlichkeit

Für den Laien verwirrend ist es, wenn verschiedene Bücher über Giftpflanzen scheinbar widersprüchliche Angaben machen. So werden in dem Buch von Alberts u. Mullen sowohl der Rote Fingerhut als auch die Europäische Eibe als "stark giftig" eingestuft, in dem Buch von Weilemann u. a. steht bei beiden Pflanzen hingegen: "Gefährdung: keine bis gering bei kleinen Mengen, Lebensgefahr bei Missbrauch". Umgekehrt ist der Schwarze Holunder bei Alberts u. Mullen als "schwach giftig" eingestuft, bei Weilemann u. a. als "Gefährdung: Mittel".


Für die Gefahr, die von Giftpflanzen ausgeht, ist nicht allein die Giftigkeit entscheidend, sondern auch wie wahrscheinlich es ist, dass jemand versehentlich eine größere Menge davon aufnimmt. Die meisten Giftpflanzen schmecken sehr unangenehm, bei vielen sind vor allem Wurzeln, Rinde oder Nadeln giftig, die kaum jemand versehentlich essen wird. Von allen einheimischen Pflanzen geht das größte Vergiftungsrisiko für Kinder von der Tollkirsche aus, weil die Früchte essbaren Beeren ähnlich sehen und einen akzeptablen Geschmack haben. Da diese Pflanze in unseren Wäldern häufig vorkommt und in vielen Gärten gefährliche Giftpflanzen wie z. B. Engelstrompeten stehen, müssen Kinder rechtzeitig darauf hingewiesen werden, dass es giftige Pflanzen (und Pilze) gibt.


In der Einstufung der Gefährlichkeit der Pflanzen orientieren wir uns an dem Buch von Weilemann u. a. sowie an der 2021 vom Bundesinstitut für Risikobewertung veröffentlichten Liste.



Besonders gefährliche Giftpflanzen ("Risikokategorie 3")

Nur bei Pflanzen der Risikokategorie 3 kommt es manchmal zu schweren Vergiftungen. Unbeabsichtigte tödliche Vergiftungen sind ausschließlich von der Herbstzeitlose bekannt. (2) Aus Sicherheitsgründen kommt keine der hier aufgelisteten Pflanzen im Natur-Erlebnis-Raum vor.


Einheimische Wildpflanzen, die in einem eingefriedeten, für kleinere Kinder und für Hunde unzugänglichen Garten sinnvoll verwendet werden können, sind beispielsweise:


* Schwarze Tollkirsche (Atropa belladonna): Die stark giftigen Beeren haben einen akzeptablen Geschmack. Typische Vergiftungssymptome sind Mundtrockenheit, unscharfes Sehen durch Pupillenerweiterung und eine Verwirrtheit, die mehrere Tage anhalten kann.
* Blauer Eisenhut (Aconitum napellus): Vor allem die Wurzel ist hoch giftig, aber auch schon die Berührung der Pflanze kann Vergiftungssymptome auslösen.
* Herbstzeitlose (Colchicum autumnale): Die Blätter werden im Frühjahr manchmal für Bärlauch gehalten, so dass es immer wieder zu Vergiftungsfällen auch bei Erwachsenen kommt. (3)
* Echter Seidelbast (Daphne mezereum): Sowohl die Beeren als auch die Rinde sind hoch giftig. Aufgrund des unangenehm scharfen Geschmacks der Beeren sind schwere Vergiftungen sehr selten. Die Berührung der Rinde kann zu Hautreizungen führen.
* Hundspetersilie (Aethusa cynapium): Kann im Garten auch als Unkraut auftreten, Gefahr durch mögliche Verwechslung mit Petersilie.


Nicht einheimische besonders gefährliche Giftpflanzen, die in vielen Gärten zu finden sind (teils als nicht winterharte Topfpflanze), sind beispielsweise:


* Engelstrompeten (Brugmansia)
* Ruhmeskrone (Gloriosa superba)
* Wunderbaum (Ricinus communis)
* Gartenbohne (Phaseolus vulgaris)
* Goldregen (Laburnum)
* Gemeiner Stechapfel (Datura stramonium)


Eine spezielle Form der Giftwirkung geht von phototoxischen Pflanzen aus: Diese geben chemische Stoffe ab, die auf der Haut in Verbindung mit dem UV-Anteil des Sonnenlichts verbrennungsähnliche Symptome auslösen und Hautkrebs begünstigen können. Am stärksten ausgeprägt ist diese Eigenschaft bei einer im 20. Jahrhundert oft in Gärten und Parks verwendeten Pflanze, die sich inzwischen als invasiver Neophyt in der Natur ausbreitet, nämlich dem

* Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum )




Giftpflanzen im Natur-Erlebnis-Raum

Unter den Pflanzen im Natur-Erlebnis-Raum befinden sich drei mäßig gefährliche Giftpflanzen (von denen zwei zugleich als Lebensmittel verwendbar sind) und mehrere ungefährliche Giftpflanzen:

* Schwarzer Holunder (wird 2024 gepflanzt)

* Kartoffel (wird später gepflanzt)

* Europäische Eibe


Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)

Giftig sind alle Teile der Pflanze, auch die Beeren, durch Cyanogene Glycoside, also Stoffe, die im Körper zu Blausäure umgewandelt werden und dann die Zellatmung blockieren. In den reifen Früchten ist der Giftgehalt deutlich niedriger als in den unreifen. Durch Abkochen werden die Früchte essbar bzw. für Saft, Marmelade etc. verwendbar. Auch die Blüten müssen für die Zubereitung von Holunderblütensirup erhitzt werden.


Typische Vergiftungssymptome sind Erbrechen, Übelkeit und Durchfall. Die Empfindlichkeit ist bei verschiedenen Menschen ganz unterschiedlich ausgeprägt.


Noch nicht gepflanzt.





















Schwarzer Holunder: Zweige mit reifen Früchten
Von Wikimedia, Autor: T. Kebert - bitte beachten Sie unseren Lizenzhinweis


Kartoffel (Solanum tuberosum)

Giftig sind alle Teile der Pflanze, also auch die Frucht der Kartoffelpflanze, die im Aussehen einer kleinen Tomate ähnelt, die aber nicht rot wird sondern von grün nach dunkellila übergeht. Die Knolle (Kartoffel) ist nur schwach giftig, der Giftstoff sitzt hauptsächlich in der Schale. Anders als bei Grünen Bohnen wird beim Kochen das Gift nicht zerstört, sondern es geht großteils in das Kochwasser über, das daher weggegossen werden muss. Die heute gängigen Sorten wurden so gezüchtet, dass die Kartoffeln einen im Vergleich zur Wildform und zu alten Sorten stark reduzierten Giftgehalt haben. Andererseits begünstigt die heute übliche Lagerung von Kartoffeln bei Helligkeit die nachträgliche Erhöhung des Giftgehalts, während man früher Kartoffeln in der Regel im Dunkeln gelagert hat.


Noch nicht gepflanzt.



Europäische Eibe (Taxus baccata)

Die roten Samenmäntel sind für Menschen ungiftig. Die Samen selbst sind sehr hartschalig, man schafft es kaum, diese zu zerbeißen. Beim Verschlucken einiger weniger unzerkauter Samen treten meist keine Symptome auf, wenn die Samen zerkaut wurden (wobei ein stark bitterer Geschmack auftritt), besteht aber eine Vergiftungsgefahr.


Am giftigsten sind die Nadeln, wobei der Giftgehalt jahreszeitlich schwankt (Maximum im Januar, Minimum im Mai). Eiben sollten nie in der Reichweite von Pferden, Kühen, Schafen, Damhirschen, Hunden, Hühnern etc. stehen. Auch der Grünschnitt muss so entsorgt werden, dass er nicht von Tieren gefressen werden kann. Lediglich Rehe können Eibenzweige fressen, ohne eine Vergiftung zu erleiden.



















Europäische Eibe: Zweige mit Früchten
Von Wikimedia, Autor: Frank Vincentz - bitte beachten Sie unseren Lizenzhinweis


Typische Vergiftungssymptome sind Durchfall, Bauchschmerzen und Herzrasen. Gärtnereien bieten neben der Europäischen Eibe auch die Japanische Eibe als Hecken- und Bonsaipflanze an. Die Japanische Eibe ist vermutlich giftiger als die Europäische Eibe.


Zur Beschreibung der Pflanze geht es hier.



ungefährliche Giftpflanzen

* Efeu (wird 2024 gepflanzt)



Andere mäßig gefährliche Giftpflanzen

Sehr viele Gartenpflanzen sind mittelmäßig gefährlich giftig. Von denen, die nicht im Natur-Erlebnis-Raum vorkommen, sind dies beispielsweise Thuja, Kirschlorbeer, Buchsbaum, Schneebeere, Robinie, Rosskastanie, Pfaffenhütchen, Christrose, Blauregen, Schneeglöckchen, Osterglocke, Fingerhut und Lampionblume. Bei vielen Obstarten (Äpfel, Pflaumen, Aprikosen u. a.) sind die Kerne giftig, bei Tomaten die unreifen Früchte und die Blätter.


Bis zum Jahr 2020 gab es die Norm DIN 18034 "Spielplätze und Freiräume zum Spielen - Anforderungen für Planung, Bau und Betrieb", in der unter anderem geregelt war, dass vier giftige Pflanzenarten, darunter das Pfaffenhütchen, nicht auf Spielplätzen gepflanzt werden durften. Die 2020 in Kraft getretene Nachfolgenorm DIN 18034-1 enthält diese Liste nicht mehr, da sich diese als nicht sinnvoll herausgestellt hatte (bei keiner der vier Pflanzen waren schwere Vergiftungsfälle bekannt). (4)

Pfaffenhütchen (Spindelstrauch): war bis 2020 auf Spielplätzen verboten, gehört aber nicht zu den besonders gefährlichen Giftpflanzen.
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Literatur

allgemein

* Risiko Pflanze – Einschätzung und Hinweise, Broschüre des Bundesamtes für Riskiobewertung, 2017, ISBN 3-931675-89-0 (auch online)

* Andreas Alberts, Peter Mullen, Giftpflanzen in Natur und Garten, 2003, ISBN 3-440-09550-9 (Holunder S. 204f, Kartoffel S. 216f, Eibe S. 226f)

* Sacha Weilemann u. a., Giftberatung Pflanzen, 3. Aufl. 2006, ISBN 3-7741-1046-8 (Holunder S. 74f, Kartoffel S. 80f, Eibe S. 36f)

* Dietrich Frohne, Hans Jürgen Pfänder, Giftpflanzen. Ein Handbuch für Apotheker, Ärzte, Toxikologen und Biologen, 5. Aufl. 2004, ISBN 3-8047-2060-9 (Kartoffel S. 387-389, Eibe S. 390-394)

* Karl Ernst von Mühlendahl u. a. (Hrsg.), Vergiftungen im Kindesalter, 4. Aufl. 2003, ISBN 3-13-129814-6 (Holunder S. 436f, Kartoffel S. 439, Eibe S. 423f)

* Eberhard Teuscher, Ulrike Lindequist, Biogene Gifte. Biologie, Chemie, Pharmakologie, Toxikologie, 3. Aufl. 2010, ISBN  978-3-8047-2438-9 (Holunder S. 441, Kartoffel S. 716-721, Eibe S. 193-195)

* Lutz Roth u. a., Giftpflanzen - Pflanzengifte. Vorkommen, Wirkung, Therapie, allergische und phototoxische Reaktionen, 6. Aufl. 2012, ISBN 978-3-86820-009-6 (Holunder S. 644f, Kartoffel S. 669f, Eibe S. 694-696)

* Sebastian Wendt u. a., Vergiftungen durch Fruchtpflanzen in Deutschland, Dt. Ärzteblatt, Jg. 2022, S. 333f


Holunder

* Mateja Šenica u. a., Processed elderberry (Sambucus nigra L.) products: A beneficial or harmful food alternative?, in: LWT - Food Science and Technology, Jg. 72.2016, S. 182-188 (Abstract und Snippets)


Eibe

* Anja Hantschmann u. a., Intoxikation bei im Wildgehege gehaltenen Europäischen Damhirschen (Dama dama), in: Der praktische Tierarzt, Jg. 102.2021, S. 836-846



Weblinks

* Liste giftiger Pflanzen, Wikipedia

* Bekanntmachung einer Liste besonders giftiger Gartenpflanzen und einheimischer Pflanzen in der freien Natur, Bundesinstitut für Risikobewertung, Bundesanzeiger vom 2. Juli 2021

* Achtung! Giftig! Vergiftungsunfälle bei Kindern (Broschüre), 2017



Fußnoten

(1) Pflanzen verteidigen ihr Revier mit Giftstoffen, Max-Planck-Gesellschaft, 5. November 2015

(2) Thomas R. Zilker, Klinische Toxikologie für die Intensivmedizin. Noxen, Symptome, Therapie, Analytik, 2. Aufl. 2023, ISBN 978-3-8374-1648-0, S. 250-254.

(3) Maren Hermanns-Clausen u. a., Warnen Sie Ihre Patienten vor dem tödlichen Salat! in: MMW - Fortschritte der Medizin, Jg. 148.2006, S. 45ff (Zusammenfassung)

(4) Neuveröffentlichung der DIN 18034-1 „Spielplätze und Freiräume zum Spielen - Anforderungen für Planung, Bau und Betrieb“, din.de, 23. Dezember 2020